Neuraltherapie in Greifswald

16. Seminar Neuraltherapie in Greifswald „Segment-, Störfelderkrankung Aktuelle Neuroanatomie und Neurophysiologie“ 27. bis 28.05.2022 Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universitätsmedizin Greifswald

Mit dem 16. Seminar Neuraltherapie am 27. und 28.03.2022 gingen im Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universitätsmedizin Greifswald die jährlichen Fortbildungsveranstaltungen der Neuraltherapeuten zu Ende.

Es war ein besonderes Treffen, das einerseits geprägt war von einem leichten Gefühl der Wehmut, vor allem aber von tiefer Dankbarkeit für die besonders engagierte und hochwertige anatomische Ausbildungsqualität. Der Dank geht vor allem an Prof. Jürgen Giebel und Prof. Thomas Koppe, die die jährlichen Fortbildungsveranstaltungen leiteten, wie auch an Prof. Karlhans Endlich, der diese Verbindung zwischen Hochschulmedizin und Neuraltherapie großzügig unterstützte.

Damit wurde für die Neuraltherapeuten über viele Jahre die Möglichkeit realisiert, die für dieses Therapieverfahren notwendigen Kenntnisse der topographischen, mikro- und makroskopischen funktionellen Anatomie insbesondere des neurovegetativen Systems, im Präpariersaal und in Vorträgen systematisch zu erweitern und zu vertiefen.

Für die Dozenten des Instituts für Anatomie und Zellbiologie waren die Präsentationen der angewandten Neuraltherapie, also der therapeutischen Nutzbarkeit des autonomen Nervensystems, eine neue Erfahrung, die sich in die theoretische Ausbildung der Medizinstudenten einflechten ließe.

Der Inhalt des 16. Seminars bestand darin, die aktuellen neuroanatomischen und neurophysiologischen wissenschaftlichen Grundlagen der Neuraltherapie aufzuzeigen und im Zusammenhang die therapeutische Nutzbarkeit anhand von beispielhaften Kasuistiken zu diskutieren.
So wurden von Prof. Koppe der Begriff des neuroanatomischen Segmentes in seiner Komplexität dargestellt, einschließlich der vielfältigen Verbindungen zwischen autonomen, somatischen und Hirnnerven-Systems. Es wurde damit die klinische Bedeutung hervorgehoben, die die ehemalig rein empirischen Erfahrungen der Neuraltherapeuten in einen aktuellen neuroanatomischen Kontext stellten.

Zur Neuroanatomie des Begriffes Störfeld zeigte Prof. Giebel über die neuroanatomischen Interaktionen zwischen Dienzephalon, Cortex, den Basalganglien, dem Hirnstamm und der Medulla oblongata die zugeordneten Rückkopplungsmechanismen des autonomen Nervensystems. Hiermit konnten die vertikal-reflektorischen Interaktionen des Störfeldgeschehens verdeutlicht werden, die wiederum durch Kasuistiken aus der neuraltherapeutischen Praxis ein klares klinisches Korrelat bekamen.

Zur Neurophysiologie des Störfeldes demonstrierte Prof. Schaible in einem umfangreichen Vortrag über die Interaktionen des kognitiven und limbischen Systems die Reaktionsabläufe der autonomen Regulation am Beispiel der Schmerzverarbeitung im Gehirn. Zusammenfassend bekam hiermit der Begriff des Störfeldes (neuromodulatorischer Trigger) als neuronaler footprint auch neurophysiologisch einen nachvollziehbaren Kontext, der wiederum durch entsprechende Störfeldkasuistiken aus der neuraltherapeutischen Praxis in seiner klinischen Relevanz verdeutlicht wurde.

Zusammenfassend wurde allen Teilnehmern das kürzlich bei pubmed veröffentlichte Review:
Engel R.et al: The Influence of Modern Neurophysiology on the Definitions of “Segment” and “Interference Field” in Neural Therapy; Compl.Med.Res. 2022 DOI 10.1159/000522391, welches die aktuelle Definition der Neuraltherapie beinhaltet, zur Verfügung gestellt.

Mit dieser Veröffentlichung ist die Neuraltherapie als schulmedizinisches Behandlungsverfahren akzeptiert und kann sicherlich argumentativ bei Grundsatzdiskussionen innerhalb der Hochschulmedizin wie auch gegenüber Krankenkassen aufgeführt werden. Der Ausspruch von Max Kibler (dem Sinne nach zitiert) ist sicherlich auch für die Neuraltherapie zutreffend: “Die Hochschulmedizin muss akzeptieren, dass außerhalb ihrer wohlbehüteten Mauern nicht nur Unkraut wächst”

Das abendliche und sehr beliebte Treffen der Neuraltherapeuten war ein besonderes highlight, nicht nur als Abschluss der anspruchsvollen Seminartage und des letzten Treffens in Greifswald. An diesem Abend wurde die wertvolle und wichtigste Aufgabe der Aus- und Weiterbildung durch die Kursleiter der IGHN mit einem speziellen Zertifikat für jeden einzelnen Dozenten in großer Dankbarkeit für das hervorragende Engagement mit anhaltendem Beifall hervorgehoben und geehrt.
Die IGNH wird auch in Zukunft ihren wissenschaftlichen Anspruch über die Neuroanatomie und Neurophysiologie als Basis für das regulationsmedizinische Konzept der Neuraltherapie für ihre weitere Verbreitung fördern, zum Wohle der Patienten.

Hamburg, 07. Juli 2022
H. Barop